Der Wille Gottes und die Freiheit des Handelns
Unsere Freiheitserfahrung müssen wir nicht aus religiösen Motiven wegdiskutieren oder verdächtigen. Sie ist Realität. Wir selbst handeln, und in keiner Weise Gott an unserer Stelle. Wir handeln in voller Verantwortung aufgrund der uns zugewachsenen Fähigkeiten physischer, psychischer und geistiger Art im Rahmen der Gemeinschaftsbeziehungen, in denen wir leben und unter den Einschränkungen und Belastungen, die wir nicht vermeiden können. Gott tritt nicht mit der Freiheit des Menschen in Konkurrenz, sondern er begründet sie. Das erklärt Thomas von Aquin ganz einfach: Gott hat den menschlichen Willen als geistiges Strebevermögen unendlich auf das Gute, auf das Glück hin geöffnet. Nur eine Wirklichkeit kann den unendlichen Hunger des Strebens nach dem Guten stillen, die Begegnung mit dem unendlichen Guten selber, mit Gott. Daraus folgt, gegenüber allem endlichen Gut, und wäre es das höchste irdische Glück, ist der Mensch frei. Er kann es wollen, er kann darauf verzichten, einfach deswegen, weil es nicht das unendliche Gut ist, das den Willen total anzieht. Das paradoxe Ergebnis ist also: Menschliche Freiheit ist und vollzieht sich nur in der Bindung an Gott. Ohne diese Bindung verschwendet sich die Freiheit an ein endliches, ein begrenztes Gut und letztlich an den Menschen selbst.

Die Wirklichkeit Gottes in der Wirtschaft
Gott steht an keinen Schaltpulten der Wirtschaft und zieht an keinen Nervensträngen. Seine Wirklichkeit zeigt sich dem Menschen, geführt von der biblischen Überlieferung, ja von den religiösen Menschheitstraditionen überhaupt, nur in seinem Bewußtsein von Geist zu Geist. Von Gott darf nicht Auskunft über Einzelheiten des Weltgeschehens, sondern Antwort auf die Frage nach Sinn und Ziel des Ganzen, der Wirklichkeit und insbesondere des menschlichen Lebens erhofft werden. Die Selbsttranszendenz des geistbegabten Menschen, das heißt seine eigenartige Fähigkeit, immer über sich selbst hinaus zu wollen und mit nichts Endlichem zufrieden zu sein, gründet in der Selbstorganisation der Materie. Auf diese Weise steht Gott seiner Schöpfung nicht nur gegenüber, sondern ist in ihr wirksam. Seine Transzendenz und seine Immanenz, seine Jenseitigkeit und sein Innesein in aller Schöpfung fallen zusammen.
Wer diese Wahrheit mit der Evolutionstheorie aushebeln möchte, trifft auf das Geheimnis der Kontingenz. Auch ein Urknall, wenn es ihn denn gegeben hat, muß seinen Grund des Seins haben.

Parameter der heraldischen Gestaltungsfreiheit
Der Glaube an Gottes Innesein und Mitsein mit aller Kreatur hat in Bezug auf unser freies Tun drei Auswirkungen:
1. Der Glaube an Gott beurteilt unser freies Tun.
Dieses ist Handeln aus verliehener Freiheit und darum letzlich selber Geschenk. Sie, die Freiheit, ist ständig bedroht von Selbstvergötzung, hier liegt ihre Grenze.
2. Der Glaube an Gott leitet unser freies Tun.
Er orientiert unser Handeln auf jenes unendliche Gute hin, das Gott selber ist. Er ist gegenwärtig in den Dingen und Geschehnissen als Geheimnis der innersten Kraft ihrer Selbstentfaltung und Selbsttranszendenz, so daß wir das uns anvertraute Segment der Schöpfung nicht nur mit Ehrfurcht verwalten, sondern erst einmal schlicht bewundern sollten.
3. Der Glaube an Gott begrenzt unser Tun.
Wir dürfen nicht alles was wir können und wollen. Sicherlich nicht, was zur Verkehrung des Verhältnisses von Schöpfer und Geschöpf führen könnte.

Urquell heraldischer Kraft: Die letzte Hoffnung
Wir verlangen nach endgültigem, nach ewigem Leben und wissen nur, daß wir sterben müssen, daß sogar in der untermenschlichen Kreatur alles Leben nur aus dem immer neuen Tod entsteht. Im Glauben ist uns ewige Freude, ewige Rettung, ewige Endgültigkeit unseres Daseins in der Gemeinschaft mit Gott verheißen.
Aber läßt sich das auch noch halten in Kenntnis der Prozesse der Evolution? Errettung aus dem Tode liegt nicht auf ihrer Fluchtlinie, so sehr wir Gott in ihr am Werke sehen. Auf dieser Fluchtlinie liegt eher ein Weitergehen der Evolution eines Tages ohne Menschen.
Errettung aus dem Tode wäre ein Wunder. Zumindest dieses aber müssen wir Gott zutrauen, wenn wir in seiner Glorie heraldisch gelebt und gewirtschaftet haben.
Antenne der Glorie: Der Garten Terre Sainte: Anmut der Schöpfung, verwahrt, projiziert auf ein grünes Stück Land, umhegt und täglich eingesogen, ist das sinnliche Erlebnis der Gnade Gottes und der Schlüssel zur Wahrnehmungswelt des inneren Menschen, Meditationsplatz für den rechten Lebensweg, Ruhesitz nach dem Turnier des Wirtschaftens, vertrauter Versammlungsort und sichere Festung für den Troß.

»Es gibt eine Kraft aus der Ewigkeit,« schreibt die heilige Hildegard, »und die ist grün.« Durch »Grünkraft« wird Leben erst möglich und sie tritt deshalb überall dort auf, wo es prinzipiell um Leben geht. Nicht nur in den Pflanzen und natürlichen Elementen, sondern auch im Wesen des Menschen. Sogar das Blut hat für die Heraldik solche Grünkraft. Es ist in diesem symbolischen Verständnis also durchaus grün, genauso wie die Zeugungskraft des Mannes Vertilitas und die Gebärfähigkeit der Frau. Kurzum, die Grünkraft ist jene Kraft Gottes, mit Hilfe derer er Leben erzeugt und erhält. In dem Grün, übrigens auch eine Lieblingsfarbe für die Kleidung der Engel bei Hildegard, in diesem Grün gibt sich die Verbundenheit der Menschen mit ihrem Schöpfer zu erkennen. Der schöpfungsgemäße Umgang mit Luft, Wasser, Pflanzen, Getier und Erde, in Harmonie mit einem Stück Natur zu sein, ist die Quelle heraldischer Sanitas und nicht nur ökologisches Anliegen, sondern theologisches Gebot.
Ein Wirtschaftsführer fühlt sich ausgebrannt und fährt nach Hause, um auf seinem grünen Land die Seele baumeln zu lassen. Ist es falsch, wenn er schon bald beobachtet: »Ich habe meine Batterie geladen, Gott hat mir neue Kraft gegeben.«

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