Beim Wort genommen

Nach zwei Wochen: Vernissage für das Programm in der Werkshalle, dem »Weingarten Gottes«. Auf Einladung erscheinen zweihundert Führungskräfte, teils mit Angehörigen, zwanglos in ihrer Abendfreizeit.

Antritt einer Formation Pourservanten und nach ersten heraldischen Übungen am Arbeitsplatz. Die Werksleitung war zunächst skeptisch “ob die das mitmachen“. Doch schon nach wenigen Tagen wurde bemerkt: “Diese Leute waren uns nie besonders aufgefallen, sie bekommen plötzlich Gesicht, Schönheit, die entschlossene Ausstrahlung von Soldaten“.

Bezeichnenderweise ist es die Tochtergesellschaft eines amerikanischen Unternehmens, die sich hier für Ethik- Management öffnet. Deutsche Firmen denken selten daran, moralische Ansprüche als Entscheidungs-Parameter zu integrieren. Vielmehr wird die Anwesenheit lange kultivierter heimischer Tugenden, wie Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit, Gehorsam und Fleiß nebulos vorausgesetzt. Hintergrund dieser deutschen Eigenart ist zunächst ein Restglaube an Vater Staat als Hüter von Moral und Ordnung und die Trennung von Unternehmens- und Privatsphäre, die es in dieser Intensität im angelsächsischen Raum nicht gibt. Schließlich spielt die hiesige, von Kant geprägte moralphilosophische Tradition eine gewisse Rolle. Danach darf Ethik nur um ihrer selbst willen betrieben und niemals zu wirtschaftlichen Zwecken instrumentalisiert werden.

Heraldik als Form der Institutionalisierung von Moral im Unternehmen, also Kult und Kultur von Ehre und Ehrlichkeit, Integrität, Fairness und Transparenz wird in Deutschland zwar diskutiert aber als wirtschaftlich ambivalent bewertet.

Erschiene Moral in der Zielsetzung eines deutschen Unternehmens,
vielleicht fürchten seine Manager daran gemessen zu werden?

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