Spuren der mystischen Epoche des Abendlandes:

Ritterliches Heldentum, Ehre und Ehrlichkeit der Wirtschaftsführer.

Im Beschaffungswesen eines Industriekonzerns wurde eine Serie von Bestechungsfällen aufgedeckt. Nun kann man vierzig involvierte Spezialisten nicht schlagartig entlassen und der Polizei übergeben. So wurden lediglich drei gravierende Fälle exemplarisch aufgegriffen, öffentlich gemacht und sanktioniert. Danach begann das Brainstorming über Präventivmaßnahmen.

„Unsere Arbeitsverträge sind ausgefuchst, wir können allenfalls die internen Richtlinien verschärfen“. Der Personalvorstand zeigt eine mächtige Loseblattsammlung vor.„Es ist daran gedacht, mit allen Lieferanten zu korrespondieren, es gibt mehr Job-Rotation, wir intensivieren das Berichtswesen und verstärken die Revisionsabteilung.“ Der Konzern erscheint ziemlich wehrlos und für die Zukunft ohne Rat. Beklagt wird die „sinkende Moral“ der Führungskräfte allgemein.Der Herold möchte dem nicht folgen, ihn interessieren mögliche Wurzeln des Skandals in der spezifischen Arbeitswelt des Unternehmens. „Wir gesunden zur Zeit unsere Struktur, Lean Management, Reengineering, TQM. Den Mittelbau führen wir durch Objectives und Konferenzen.“

Nach Erfahrungen des Herolds sind Organisationsumbrüche in Verbindung mit unpersönlichen Führungsstrukturen typische Auslöser für menschliche Anpassungsprobleme und Frust. Fitte Struktur (englisch: passend, geeignet) und fitte Mitarbeiter (synonym: fähig und loyal) stehen in einer engen Wechselbeziehung.
“Wir besitzen Personalentwicklungspläne, pflegen Human Ressources in unserem Gesundheitsdienst, im eigenen Trainingszentrum und durch Traineeaustausch mit USA. Wir buchen Fach- und Managementseminare inklusive Mentaltraining.“ Der Herold reklamiert eine ethische Lücke. Ritterlichkeit im Beruf, also Edelmut sei die Quelle immer neuer Initiative, Motivation, Stimulation. Er spricht vom lieben Gott in der Wirtschaft unter seinen dortigen Etiketten Ethik, Moral und Sozialhygiene. Er wird verstanden.
„Es wäre ja schön, wenn wir Zeit für Esoterik hätten, aber gute Produkte sind wichtiger. Einzelne Herren im Haus haben schon Erfahrungen mit Taiji, Qui Gong, Joga, Shiatsu, Sun Tzus und so weiter.“ Der Herold anerkennt die Kraft der fernöstlichen Kulte,aus denen asiatische Führer schöpfen, er sieht mentale Wirkungen aber auf deren Kulturkreis beschränkt. Es sei völlig wesensfremd, wenn europäische Politiker oder Spitzenmanager das Kendoschwert schwingen um sich als Polit-Samurai oder Industrie-Shogune zu entwickeln. Unsere mystischen und transzendenten Wurzeln liegen im christlichen Heldentum des Ritters, den grundlegenden abendländischen Tugenden, öfter vereinnahmt, daher verkannt, verleugnet, verdrängt, verschüttet.

Das Heil, das der christliche Gott mit den Menschen vor hat, läßt sich auch in der Wirtschaft finden. Menschen in exponierter Stellung müssen die Schicksalhaftigkeit ihrer Berufung begreifen und auf dem Weg der Selbsterfahrung nach dem Stückchen Glorie forschen, das sie betroffen hat. Wille, Mut, Talent und Kraft kommen von Innen und werden nicht auf Lehrgängen gewonnen, sondern in stillen heraldischen Exerzitien und durch die Erfahrung der reifen Tat. „Viele bedauern, daß die traditionellen Werte abhanden kommen und angeblich haben gerade Realisten eine heimliche Sehnsucht nach Bewußtseinserweiterung. Aber das sind doch Nebel, wir sind abgestumpft, wie wollen sie uns umdrehen, die Kirche hat doch wohl versagt.“
Die Heraldik bemüht sich um den Heldenweg einer neuen Elite von Gottes Gnaden nach 800jährigen Regeln des Rittertums, weitab von klerikalen Dogmen. Der Kodex des Rittertums ist von Liebe erfüllt, schlicht und ursprünglich, wie die Auffassungsgabe des damaligen Menschen.

Er ist so konkret, daß es genügt, ihn zu kennen und zu befolgen. Er erschließt sich aber nur dem Edelmann, dem freien Geist und Diener der Ehre Gottes der im Glauben an sich selbst, Kraft seiner Stellung und gegen die Irrungen der Zeit demütig bereit ist, die ritterliche Konvention im Schilde zu führen. Der Herold erläutert die heraldischen Kraftfelder Emotion, Intuition, Vision, Kontemplation, Virilitas, Nobilitas, Charisma und Aura, die Mystik der Riten, das Insigne Generis, Wappen, Schilde, Symbole, den Turnierplatz der Ehre und Terre Sainte, den Ruheplatz der Helden.

„Ich bin jetzt ganz eigenartig gestimmt, aber werden wir konkret: wir sind von leitenden Mitarbeitern bestohlen. Was haben wir versäumt und was können wir besser machen?“ Sie müssen den Menschen, den sie in eine exponierte Stellung bringen nach Maßstäben der ritterlichen Reife beurteilen, sie müssen ihm Freiheit und Autorität konzedieren und ihm Nobilitas, Adel verleihen. Nur wenn sie ihm Ehre geben, hat er Ehre zu verteidigen.
„Sie sind natürlich auf Eliten aus. Wir gehen gerade den umgekehrten Weg. Wir bauen Autorität ab, lösen die alten Hierarchien auf und freuen uns über mündige Mitarbeiter, bei uns wird der Manager zum Coach.“
Der Herold meint, diese Kollegialität könne teuer werden, sieht „angenehmes Betriebsklima“ als Relikt des Personalmangels der Fünfziger und betrachtet Mitarbeiter der Basis als absolut austauschbar. In heraldischer Sicht hat der Manager „Leader“ zu sein. Er befindet sich vorgerückt auf dem Heldenweg des Sich-Beweisens und ist daher in jeder Weise von der Belegschaft, dem Troß, abgehoben. Zugleich bestimmt ihn das Gebot der Demut zum Diener der Gemeinschaft und das Sephiroth der Nächstenliebe zum Wächter ihres Wohlbefindens.
Nur der solcherart gefestigte, würdetragende und respektierte Führer kann Energie entladen, dabei gesund bleiben, an seinen Taten wachsen und die heraldischen Herausforderungen seines Dienstes annehmen.

Fortsetzung