Felix Austria in Symbolen - Staatsheraldik in der Alpenrepublik.

Nationale Symbole sind Staats-, Länder- und Gemeindewappen, in erweitertem Sinne noch Hymne, Fahnen, Flaggen, Uniformen, Denkmäler, Feste, Feiertage, Münzen, Banknoten, bis hin zu Briefmarken. Österreich hat zwar ein überaus reiches Erbe an nationalen Symbolen, seine Bürger aber pflegen ein äußerst ambivalentes Verhältnis dazu. Das Land mußte in diesem Jahrhundert nicht weniger als fünf soziale und politische Systeme über sich ergehen lassen. Es begann mit der Monarchie der Kaiserzeit, dann kam die erste Republik, die nach wenigen Jahren in den autoritären Ständestaat umschlug, danach der Nationalsozialismus, es tobte bereits der zweite Weltkrieg, anschließend die Besatzungszeit und nunmehr seit fünfzig friedvollen Jahren die zweite Republik. Jedes dieser Systeme brachte eine eigene Symbolkultur, man könnte von einer Symbol-inflation sprechen. Dadurch besteht der Verdacht, daß der Österreicher nach alledem Zuflucht zu überpolitischen Staatsersatzsymbolen nimmt, die da heißen Mozartkugel, Lippizaner, Opernball, Donauwalzer, Sigmund Freud, Sound of Music.

 Jedes dieser Systeme brachte eine eigene Symbolkultur, man könnte von einer Symbol-inflation sprechen. Dadurch besteht der Verdacht, daß der Österreicher nach alledem Zuflucht zu überpolitischen Staatsersatzsymbolen nimmt, die da heißen Mozartkugel, Lippizaner, Opernball, Donauwalzer, Sigmund Freud, Sound of Music. Diese Dinge stehen international in so hohem Ansehen, weil sie unverdächtig und überzeitlich sind. Sie sind aber doch wohl eher eine Trademark als symbolische Vertreter für die Identität Österreich.
Dem Österreicher wird es warm ums Herz, wenn er im Ausland auf seine Farben trifft, er pflegt aber keine Flaggenetikette daheim. Wenn hier eine Flagge gehißt wird, dann ohne Zeremoniell und man kann davon ausgehen, daß sie bis zu ihrem natürlichen Verschleiß hängen bleibt. Neurotische Einstellung zu den Symbolen, religiöse Verehrung, Symbolkult gibt es hier nicht. Der Österreicher findet einen Mittelweg in der Einstellung zu den Staatssymbolen, eine gewisse Liebe, aber keine Verehrung. Genauso ist sein Patriotismus unverkrampft und stets elegant verborgen. Man trifft auch Bürger, die nicht gern die Nationalhymne der zweiten Republik anstimmen und zur 200jährigen Haydn-Hymne zurückkehren möchten. Sie unterdrücken, daß „Gott erhalte“ zwischendurch, in preußischer Manier, schon einmal schneller gespielt wurde und als Deutschlandlied wohl alle demokratischen Traditionen gebrochen hat. Beruhigend tönt von den Fußballrängen die neue Hymne in vollem Laut und bekräftigt Volkes Wille und Gewöhnung.

Bei der Flagge stützt man sich auf die alte Babenbergerfahne, die auf Friedrich den Streitbaren 1230 zurückgeht. Es hat bis 1984 gedauert, bis die Form der Bundesdienstflagge gesetzlich definiert wurde. Die Geister scheiden sich an ihrer Farbsymbolik. Rot ist nämlich recht aggressiv, biologisch eine Signalfarbe, Schreck- und Schutzfarbe. Es tritt beim Menschen als Rubor der Entzündung und des Errötens auf. Von diesen Affektwerten leiten sich die primären Symbolbedeutungen dieser Farbe her. Rot ist die Farbe des Krieges (Blutrot), des Aufruhrs, der Gefahr und der Liebe. Weiß ist das Lichte schlechthin, die Farbe der Freude und der Sauberkeit. Aber es gibt kein reines Symbol. Die ganze Palette der Farben sind ambivalente Farben. So sind die Farben rot-weiß-rot wohl eher ein schöner österreichischer Kompromiß. Rot ist auch eine warme, leuchtende, mächtige Farbe und kann als Farbe der Majestät gedeutet werden (Kardinalsrot, Königspurpur.) Weiß ist strahlend und festlich und verstärkt solchermaßen das positive rote Signal. Ist rot-weiß-rot, richtig gesehen, nicht ein getreues Bild des Landes Österreich?

1945 wurde kein neues Wappen erfunden. Man hat sich sehr bewußt des Adlers der ersten Republik bedient, mit seinen Symbolen der Mauerkrone für das Bürgertum, der Sichel für die Bauern, des Hammers für die Arbeiterschaft und des rot-weiß-roten Bindenschildes für die Republik. Dieses Wappen hat man lediglich mit gesprengten Eisenketten versehen, um die Befreiung vom Nationalsozialismus auszudrücken. Als Agitator gibt sich zu erkennen, wer Hammer und Sichel in den Klauen des Doppeladlers als Symbole des Weltkommunismus und der Unterdrückung erkennt. In der Welt draußen wird dieser Irrtum sicherlich auftauchen, er ist aber objektiv zu widerlegen. Der Kommunismus sieht Hammer und Sichel im Kampf verbunden, also gekreuzt. Außerdem stehen diese Symbole im österreichischen Staatswappen nicht allein, sondern in einem Bedeutungs-Trias mit der Mauerkrone, also unverkennbar für die Stände Bürger, Bauer und Gewerbe. Der Wehrstand ist in der Staatsmacht, also im Adler selbst verkörpert. Ohne gut verankerte nationale Symbole gibt es kein Staatsbewußtsein und keine staatliche Identität. In Österreich findet man de facto eine in weitesten Kreisen undiskutierte Symbolkultur, die von der Jugend akzeptiert wird und ein Nationalbewußtsein besonderer Art. Der österreichische Patriotismus kommt aus dem Vielvölkerstaat, der ethnische Minderheiten respektiert hat, er ist gewissermaßen übernational. Die Vaterlandsliebe des Österreichers war nie auf das Geographische beschränkt, sie hat den Raum Mitteleuropas mit einbezogen und eine Brückenfunktion mit eingeschlossen.

 

Wer mit großem Elan die Europafahne neben die rot-weiß-rote setzt, ist gewiß kein Chauvinist.

Heraldischen Formen und Ritualen, Protokoll und Pathos geht der Österreicher allerdings gerne aus dem Weg. Eine erträgliche Dosis solcher Repräsentation würde aber doch seiner Erbauung dienen und dem solchermaßen in Symbolen respektierten, reifen Staatswesen Österreich zusätzlich Autorität, Glanz und Aura verleihen. Die Aura einer Nation die an sich glaubt.