Image-Guiding: Psychologie und Heraldik in der Herrenmode.

Samuel Grienstein, prominenter Werbetexter von The Gap Inc. sollte einen Slogan für eine US-Werbekampagne kreiren. Da er wenig Beziehung zu formeller Kleidung hatte, entschloß man sich, anstelle langer Erläuterungen, Ihn von Kopf bis Fuß von Charles Austen einzukleiden. Hier sein Produkt, der fertige Slogan:
“What sort of a man wears Charles Austen Suits?
His footsteps are the ones, other men follow. His tastes are the ones other men acquire, his women the ones other men desire. Much about him may change during the years: his homes, his cars, his sports – accessories all. One thing though will remain the same through for decades. The man´s style is born of a love for the best things in life:
Charles Austen Suits.”
Für unser Gefühl zu schwülstig. Sam erklärte aber, bei der Thora, sein Modeerlebnis, sein wahres Feeling ausgedrückt zu haben.

Kleidung ist kein Ding, sie ist ein vielschichtiges Kulturgebilde mit Aspekten der Moral und Hygiene, Soziologie, Ästhetik und Philosophie. Seit es den Menschen gibt, wirkt er auf seine Körpererscheinung ein, bildet sein Kleider-Ich.
Aus den schulischen Vorgaben entwickelt sich die persönliche Schreibschrift, ein Umstand, auf dem die Graphologie fußt. Wie in der Schrift, so prägt sich die typische Haltung eines Menschen auch in seiner Kleidung aus. Sogar im Zeitalter der Konfektion, wo es nur noch auf das Zusammenwirken von Auswahl und Anpassung ankommt. Einmal lenken Geschmack und Leitbilder den Einkauf der Kleider, und zweitens passen sich die Kleider ihrem Träger an. Ein Mann mit straffer Haltung und korrektem Wesen wird im Berufsleben kaum ohne tadellosen Anzug mit scharfer Bügelfalte anzutreffen sein, während einem saloppen Herrn sich der neue Anzug bald in lässiger Linie fügt und einem Vertrottelten sein verknautschtes Gewand herabhängt.
Bekanntlich verleihen ein Smoking, eine Uniform oder ein Jogging-Anzug ein jeweils anderes Selbstgefühl.
Es macht schon Sinn, wenn der englische Richter eine Perücke aufsetzt, die heraldische Tracht hebt ihn aus der Subjektivität der Zeit. Das seidene Meßgewand entrückt den Priester seiner menschlichen Namenhaftigkeit.
Die Uniform schweißt Soldaten zu einem Willen zusammen.
Das Karnevalskostüm soll die im Alltagsgewand ergraute Seele befreien.

Die Kleidung kann also ihren Träger erheblich beeinflussen. Niemand wird auch den hohen Ausdruckswert der Kleidung bestreiten. Die Heraldik spricht von einer Strahlung der Kleider nach außen und innen, der Kluge wird diese im Berufsalltag für sich nutzen.
Der Stil der Herrenkleidung hat sich in den letzten Jahren gelockert und, nach Events ausgerichtet, diversifiziert. Dem Anzug hat diese Entwicklung gut getan. Es gibt heute eine international gültigeLinie. Eine Evolution in Ästhetik und Komfort, einen sachlichen und praktischen Stil als Ausdruck unserer Zeit, wo in der Einstellung zur Umwelt das Objektive, Sachliche, die Ratio, die Leistung vorherrschen.
Viele verurteilen die Vermassung in blauen Jeans-Hosen, die ja kein Modetrend sondern syndikale Manipulation ist. Es gibt weniger Anzüge dadurch, ihre Produktion ist in Deutschland von 13 Mio. in 1985 auf aktuell 1,4 Mio. gesunken.
Aber der gute Anzug gewinnt gerade dadurch eine völlig neue Dimension der Exklusivität. Er erhält heraldische Kraft, die suggestive Wirkung eines Würdekleids der Upper-Class gegenüber einem modisch verarmten Publikum. Er wird Symbol der Eleganz.
Den kultivierten Herrn zeichnet ein modischer Konservatismus aus. Die Zurückhaltung, also schlichte Eleganz, erfordert Ausgewogenheit des Wesens und charakterliche Reife. Jugendliche sind daher selten elegant. Eleganz setzt persönliche Kultur voraus, weshalb wirkliche Eleganz erst durch Erziehung oder Beratung erreichbar ist.
Die kultivierte äußere Form im Benehmen und in der Kleidung ist dann nur Ausdruck der inneren Bildung. Im Begriff der Eleganz liegt also kein geringer Wert. Sie ist ein europäisches Ideal. Um sich heraldisch richtig anzuziehen, muß man vor allem sich selbst gut kennen, die Symbolik des eigenen Körpers, das Charisma und die Aura. Der Couturier und Fahnenherold Charles Austen gibt im Rahmen der Seminare „Personal Styling“ und „Image Guiding“ Anleitungen dazu.
Die Symbolik des menschlichen Körpers macht sich der Chiromant, der Handlinien-Deuter, zunutzte, wenn er aus Bewegungsfalten der Hand Ähnlichkeitsbeziehungen und Zusammenhänge herstellt.  Für unsere kurze Betrachtung können nur grundlegende heraldische Zusammenhänge zwischen Körper, Styling, Mode und Verhalten herausgegriffen werden.
Eine Schlüsselstellung hat die Gestaltsymbolik. Der straff aufgerichtete männliche Leib ist Symbol der geistigen Aufrichtung, das handgreifliche Merkmal eines geistbestimmten Sonderranges des Menschen in der Natur. Die fehlerlos aufrechte Haltung suggeriert Würde, Mut, Tapferkeit und Autorität: „Man wächst mit seiner Stellung." Die vertikale Linie, körpernahe Silhouette des Anzugs und der schlanke Übergang von Sakko zu Hose, sowie seine Ausformung und Fixierung zum korrekten Kleidungsstück, unterstützen die Haltung des Mannes. Extrem ist hier die Wirkung des Fracks, des feierlich niederwallenden Rocks, der rhythmisch schwingend das Schreiten begleitet und zur aufrechten Haltung förmlich zwingt. Der Cutaway steht zwischen Frack und Sakko, er ist nicht so rassig wie der Frack, sein Schnitt paßt sich der Behäbigkeit eines soliden Bürgers schon besser an.
Der Kopf des Mannes ist als Träger des Zentralorgans der exponierteste Körperteil. Mannigfaltig sind die Mittel, das Aussehen des Kopfes und Gesichtes zu verändern, zu verschönern oder interessant zu gestalten. Frisur und Barttracht, Kopfbedeckung, Schmuck, Brille und Kosmetik wirken zusammen. Auch vor einer chirurgischen Straffung der Haut oder Veränderung des Knochenbaus schrecken manche nicht zurück.
Das Haar ist Sinnbild des Lebens, der Seele und der männlichen Kraft. Langes Haar erzeugt starke Gebärden und ist Zeichen der Freiheit, kurzes Haar Ausdruck rationaler Einstellung. Die Schur des Haares kann Kulthandlung sein: Opferung, Reinigung, Weihe.

Bärte fallen in Zeiten der bartlosen Mode besonders auf, verleihen Originalität. Lippenbärte sind ein Hilfsorgan des Empfindens und symbolisieren Existentialismus und erotische Lust. Der Vollbart vergrößert das Haupt und vermittelt den Anschein der Gelassenheit, Güte und Väterlichkeit.
Der Helm des Ritters erscheint im Bürgerwappen als Sinnbild der Wahrhaftigkeit und Freiheit. Diese Symbolik wird auf den Hut übertragen. Hohe Kopfbedeckungen, etwa Uniformkappen, können Ehrfurcht und Erstaunen erregen, einschüchtern und auszeichnen. Die Form der Kopfbedeckung ist oft nicht so aufschlußreich, wie die Art des Tragens oder die Art des Hutziehens. Der in die Stirn gedrückte Hut ist Furcht, Scham, Scheu. Dem Beschwipsten hängt der Hut fast im Genick, so sehr möchte er sich öffnen.
Auch Fassung und Form der Brille sind starke Phänomene. Ein Goldgestell äußert Wohlhabenheit, randlose Brillen wirken sachlich-kühl, Hornbrillen verleihen den Anschein von Bildung, denn man assoziiert geschwächte Sehkraft mit viel Schreiben und Studieren.

Der Hals enthält die lebensverbindenden Organe Luftröhre, Speiseröhre, Schlagader und Wirbel- säule fast ungeschützt, nahe an der Oberfläche. Der Hals ist daher das empfindlichste Körperteil. Wer angegriffen wird, hebt zum Schutz die Schultern und senkt das Kinn. Der Ritter trug einen Achselwulst als Halsschutz, die sog. Halsberge. Das Geschlossene um den Hals, also der Kragen, erhöht beim Träger das Bewußtsein der Haltung, weil er sich durch die Enge und Stärke des Kragens, wie in ein Korsett gespannt, zu Steifheit und Distanz disponiert fühlt. Das Sich-gehen-lassen ist verbunden mit dem Öffnen, Ablegen oder Fehlen solcher Halsbekleidung. Die Krawatte ist oft die Visitenkarte für den Geschmack des Herrn und kommt dem Charakter eines Farbtests nahe. Sie ist das einzige ausgesprochen dekorative Kleidungsstück des Mannes, das ihm von der Buntheit seiner historischen Gewänder verblieben ist.

Arm und Hand bilden zusammen ein Organ. Es ist ein Werkzeug von ungeheurer Vielseitigkeit, über das der menschliche Wille frei verfügt und das deshalb eine starke Beziehung zum Ich-Bewußtsein besitzt. Der Arm vertritt den Menschen als pars pro toto. Die Ritter trugen Ärmel ihrer Damen als Wappenschmuck, so sehr schätzte man ihre stellvertretende Funktion.
Die Bewegungen der Arme wirken durch die breiten Ärmel des Sakkos bedeutend. Offene Ärmelschlitze sind Ausdruck des ästhetischen Sinns, eine Demonstration des Feinen und Kostbaren aber auch der Schneiderkunst. Doppelmanschetten am Hemd sind Ausdruck des vornehmen Herrn. Sie sollen anzeigen, daß er sein Brot nicht mit der Hände Arbeit verdient. Gegenteilige Wirkung hat das Aufkrempeln der Ärmel. Es ist eine Gebärde, um den Einsatz der Körperkraft bei einer Arbeit zu unterstreichen. Das Monogramm auf der rechten Manschette ist Wächter der guten Tat.
Für die Gesamterscheinung hat die Pflege der Nägel und Hände hohen heraldischen Wert, denn durch die Hand findet der physische Kontakt mit der Umgebung statt.
Handschuhe schaffen Distanz, sie sollen deshalb schlicht, also unauffällig und auf die übrige Kleidung abgestimmt sein. Der elegante Gebrauch des Handschuhs etwa beim Gruß, ist nicht ohne symbolpsychologische Wirkung.
Die Schutz und Wärmefunktion von Handschuhen können leider auch Kleidertaschen übernehmen. Die Hand in der Hosentasche drückt Uninteressiertheit, Taktlosigkeit oder auch Herausforderung aus.
Das Taschentuch war immer auch kokett. In dieser Funktion finden wir es als Stecktuch in der äußeren Brusttasche des Jackets. Es ist eine frische Belebung des schmuckarmen Anzugs, die Art des Tragens kennzeichnet den Gentleman.
Der häufig so apostrophierte „neue Mann“ ist kein Freund von Stock und Schirm, wobei beide, als Stilelement gesehen, die vertikale Linie einer Erscheinung gewaltig unterstreichen und als Degenersatz bis ins martialische steigern können.

Da Gefühlserlebnisse häufig von Veränderungen der Atmung und des Herzschlags begleitet sind, wird die Brust als Hort der Gefühle angesehen. Wer sein Ichgefühl zum Ausdruck bringen möchte, der bläht sich auf, wirft sich in die Brust. Der Anzug betont diese zentrale Körperpartie sehr vorteilhaft durch Fronteinlagen und Schulterpolster, aufgeschlagene Kragen und Revers. Der Blazer zeigt Knöpfe in schmuckhafter Form. Es ist kein Zufall, daß auch Orden an der Brust getragen werden.
Wichtig ist auch, wie man den Sakko trägt, offen oder geschlossen. Hier zeigen sich ein Grad von Selbstbehauptung oder die kultivierte Distanz.
Der Unterleib ist der Ort elementarer Lebenstriebe und teilweise Schamgegend. Der Mann hat triftige Gründe, sich hier schützend zu verhüllen. So wurde die Hose zum Zeichen des männlichen Geschlechts und der Herrschaft im Hause. Der Bauch wird diskret unter Bundfalten verborgen. Heraldisches Stilelement der Hose ist die Bügelfalte. Sie ist Ausdruck des sachlich-perfekten, technisch-konstruktiven. Da die Bügelfalte schnittig, vulgo schneidig wirkt, ist sie eine Äußerung des soldatischen Geistes. Der Mann mit Bügelfalten fühlt sich tatsächlich straffer, er drückt unwillkürlich die Knie durch, um den Fall der Hose und den scharfen Bug zu zeigen. Ein Mann in solchen Hosen ist nicht recht geneigt, sein Knie zu beugen. Zur Rumpfbekleidung gehört auch der Gürtel. Er hebt die Gestalt durch Hüftbetonung besser hervor. Mit einer edlen Schnalle ist er auch Schmuck. Der Gürtel gibt das Gefühl der Festigkeit und Straffheit und ist Symbol der Macht. Eine besondere Art des Gürtels, die Schärpe, gehört deshalb zur Staatsrobe.
In vielen Kulturen finden wir Fuß und Schuh als Sinnbild von Recht und Besitz. Worauf man den Fuß setzt, das erklärt man als unterworfen und eigen. Speziell der Stiefel ist Ausdruck des Gewalttätigen. Rücksichtslose und gewalttätige Menschen treten bekanntlich laut und vernehmlich auf, einige verstärken diese Wirkung durch Eisenplättchen an den Sohlen. Gerade wegen dieser Eigenschaften soll aber der Schuh schlicht sein und sich nicht hervorheben. Ein gut geputztes Paar älterer Schuhe bewirkt mehr Vertrauen als ein ungeputztes neues Paar. Der Schuh bestimmt den Eindruck mit, den der Anzug im Ganzen macht. Die Mode läßt das Hosenbein auf dem Schuh aufsitzen und keine Socken sehen. Der Anzug wirkt dadurch geschlossener.
Die Pariser Haute Couture geht auf die Fahnenherolde des Mittelalters zurück, die ersten Designer und Jünger der heraldischen Kunst. Sie erkannten, wie reich und vielseitig die Kleidung verbunden ist mit der Ethik der menschlichen Seele und ihren Gestaltungen in Kultur und Sozialgemeinschaft. Der Wappenrock des Ritters ist mystisch verwoben mit den transzendenten Bezügen zur Glorie. Ordenskleid, Würdekleid, Rangzeichen und Rüstung mit symbolischer Strahlungskraft.
Der moderne Herold sieht fragmentarische Beziehungen zur kultivierten Herrenkleidung unserer Tage und entdeckt in ihr Symbole für Talente und Tugenden nach dem Kodex des Rittertums. Die sieben Wappenkleider des Mannes entsprechen den sieben Waffen des Ritters und stehen in Zusammenhang mit den Waffen des Lichts, von denen der Apostel Paulus spricht.

 Wappenkleid

 symbolisierte Tugend

symbolisiertes Talent 

 Mantel

Barmherzigkeit  Nächstenliebe

Erkenntnis Verstand

 Jacket, Anzug

 Gerechtigkeit Herrschertum

 Einsicht Unterscheidungskraft

 Hemd

 Hoffnung Vernunft

 Urteilsvermögen

 Krawatte

 Glaube Treue

 Phantasie Gewissen

 Gürtel

 Kraft

 Wille

 Hut

 Vorsicht

Gedächtnis 

 Schuh

Enthaltsamkeit 

 Begierde
In dieser Intention erzeugt Charles Austen Herren-Modell-Kleidung von heraldischem Wert, das Insigne Generis, den Siegelring, Bullamanica und Cyclamor. Ausstattung des kultivierten Herren für große Tage der Tat.